Europenews : Kein islamisches Paradies für
derStandard.at 3 März 2010
Ein islamisches Rechtsgutachten soll junge Muslime davon überzeugen, dass auf Terroristen nur das Höllenfeuer wartet.
London/Lahore - Auf der Homepage von Minhaj ul-Qoran (Der Weg des Koran) lässt sich das obere Eckchen der Seite lösen, und zum Vorschein kommt der Satz: „Laut einem Hadith (Prophetentradition), überliefert von Bukhari, wird ein Selbstmordattentäter, der unschuldige Menschen um des Paradieses willen tötet, das Paradies nie riechen, sondern er wird im Höllenfeuer schmoren." Der Gründer dieser islamischen Organisation, der pakistanische Islamgelehrte Muhammad Tahir ul-Qadri, stellte am Dienstag in einer Pressekonferenz in London seine 600 Seite starke Fatwa (islamisches Rechtsgutachten) vor, in der er, wie es in Vorausmeldungen hieß, den Terrorismus im Namen des Islam kompromisslos verurteilt.
Laut Tim Winter , einem Islamwissenschafter aus Cambridge, erklärt Qadri in seiner Fatwa Terroristen zu vom Islam Abgefallenen. Damit stellt er sich der extremistischen Propaganda entgegen, die Selbstmordattentäter zu „Märtyrern" mit besonderen Gratifikationen im Paradies hochstilisiert. Dass Extremisten von dieser Fatwa überzeugt werden, ist unwahrscheinlich. Aber junge Männer, die auf dem Scheideweg stehen, ob sie sich extremistischen Organisationen anschließen sollen, könnten davon beeinflusst werden, meint Winter.
Radikalisierung der Diaspora
Wenn die Fatwa auch eine Reaktion Qadris auf die steigende Anzahl von Terrorattentaten in seiner Heimat Pakistan ist, wurde sie nicht zufällig in London vorgestellt: Sie soll sich besonders an die junge islamische Diaspora richten. Qadri hatte sich bereits in der Vergangenheit über die Radikalisierung von Muslimen in Großbritannien besorgt gezeigt. Zu ihnen gehört - nach eigener Aussage - auch der Nigerianer Umar Faruq Abdulmutallab, der vor Weihnachten ein US-Verkehrsflugzeug in die Luft zu sprengen versuchte. Die Mehrzahl der britischen Muslime kommt jedoch aus Pakistan, unter ihnen rechnet sich Qadri einen großen Einfluss aus.
Die Organisation Minhaj ul-Quran, die sich für Dialog und friedliches Zusammenleben einsetzt, unterhält in mehreren britischen Städten, unter anderem London, Birmingham, Manchester, Nelson, Walsall, Glasgow und Dundee, Filialen. Wie groß ihr Einfluss unter britischen Muslimen jedoch wirklich ist, lässt sich schwer sagen.
Source : http://europenews.dk/de/node/30315
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